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Mirokurator
Ich war drei Tage erkältet ... wodurch ich hiermit fertig geworden bin! 
"I may be just a schoolgirl ... But now, I'm a schoolgirl with a giant robot!"

13 Sentinels: Aegis Rim
Zuerst stand hier etwas über den Wiedererkennungswert der Vanillaware-Spiele (GrimGrimoire ist weiterhin mein Geheimtipp!) ... aber tatsächlich würde das der Sache nicht ganz gerecht werden. Denn keine Frage, die Optik und die eigenwilligen Mischungen, die das Studio ausmachen, sind das, was mich zu 13 Sentinels gezogen hat, aber letztlich habe ich hier VIEL mehr bekommen! =O
Was ist das hier?
Ich würde 13 Sentinels am ehesten in diesem Bereich zwischen Visual Novel und Adventure einordnen, zur Hälfte!
Ein paar Schüler in den 80ern realisieren, dass sie sich dieselben Träume teilen, von Kaijus und Mechas. Einer erhält eine kryptische Warnung, als das größte Idol seiner Zeit durch den Fernsehbildschirm zu ihm spricht. Eine andere Jugendliche wird von einer sprechenden Katze beauftragt, gefährliche Hexen zu versiegeln, die unsere Welt ins Chaos stürzen werden. Und 1945 tritt ein junger Patriot einem geheimen Militärprojekt bei, um gegen die Amerikaner zu kämpfen.
Und wenn das jetzt irgendwie so klingt, als könnte man bereits Schlussfolgerungen ziehen? Keine Chance. Am Anfang versteht man gar nichts, und wenn doch, ist es wahrscheinlich Irreführung. 13 Sentinels hat überhaupt keine Eile, sich zu erklären. Damit muss man klarkommen, und tatsächlich ist genau das auch schon der größte Reiz des Ganzen!
Am Ende werden es – keine große Überraschung hier – 13 Jugendliche sein, die in gigantische Roboter steigen, um ihre Heimat vor den Kaijus zu bewahren. In den 40 Stunden Spielzeit geht also praktisch gesehen darum, zu verstehen, wie es zu diesem Endkampf gekommen ist. Und wenn es dann soweit ist, wenn die 13 endlich ihre Roboter rufen? Vielleicht einer der befriedigendsten Momente der Videospielgeschichte.
Nennenswerte "Rätsel" gibt es kaum, letztlich stehen die Dialoge im Vordergrund. Aber wir können ein wenig herumlaufen und ein wenig herumprobieren, und das lockert das Ganze durchaus auf. Zur Hälfte!
Die andere Hälfte ist genau dieser Endkampf, der verteilt über ca. 40 Strategie-Rollenspiel-Missionen parallel zur Story läuft. Coolerweise können wir nach dem Prolog nicht nur wählen, in welche der 13 Stories wir zuerst eintauchen (mit gewissen Einschränkungen), wir können auch wählen, wann wir uns an den Strategie-Teil wagen.
Und wenn dieser Absatz hier beim Lesen verwirrt hat, am Ende aber doch Sinn ergibt? DAS ist die Erfahrung, die euch auch in 13 Sentinels erwartet. Nur besser, nehme ich an! Denn im Ernst, es ist wirklich beeindruckend, wie gut alles zusammenkommt. Netterweise gibt es aber auch viele kleine Fallschirme, etwa kurze Erinnerungstexte für die Einzelstories oder einen fetten Lore Log, der wirklich alles notiert, was man bisher herausgefunden hat.

Zum Strategie-Gameplay
Die Kämpfe sind erstmal Echtzeit, pausieren aber, wenn unsere Mechas am Zug sind, damit wir in Ruhe taktieren können; sozusagen ein klassisches ATB-System. Dabei beschützen wir eine Basis, mit einer leicht weirden Kamera und einem HUD, das auch schon mal im Weg ist.
Das Ganze hat zwei wertvolle Pluspunkte und ein nerviges Minus.
Erstmal fangen die Kämpfe einen TEIL des Feelings gut ein. Zwar ist unser stilisierter Blip auf der sehr stilisierten Stadtkarte nur mit viel Fantasie ein Mecha, aber wenn man dann mit einem fetten Laserstrahl 30 Gegner auf einmal vernichtet oder dutzende aus dem Himmel stürzende Raketen abfängt ... es regt diese Fantasie zumindest an! Und genau das gilt auch für das Gameplay an sich. Unsere Einheiten sind übermächtig, die Gegner massiv in der Überzahl, also müssen wir mit einer Hand voll Mechas zusammenhalten, den Ansturm mit allen strategischen Mitteln überstehen. Und gerade auf einem passend gewählten Schwierigkeitsgrad und in der zweiten Spielhälfte kann einem das auch schon mal den Schweiß auf die Stirn und die Taktik ins Gehirn treiben. Übermacht, Zusammenhalt, Verzweiflung, Taktik – alles sehr passend!
Dann, muss ich sagen, war ich doch überrascht, dass ich auf irgendeiner Ebene Spaß an den Kämpfen hatte. Es ist nicht so wirklich mein Genre und im Prolog dachte ich mir nur "Oh GOTT", aber wenn man erstmal drin ist und beginnt, die Charaktere zu verfeinern, schlägt ein gewisser "Schach-Reiz" an. Wenn man das Genre mag, könnte es also ordentlich reinhauen!
Aber: Es ist – mal wieder – zu viel von allem. Die HÄLFTE hätte ich optimal gefunden. Das beginnt schon mit der Menge an Angriffs-/Upgrade-Optionen und Skills pro Charakter, denn SO ultimativ ist das Kampfsystem auch wieder nicht. Außerdem geht es hier um Individuen, deren Besonderheiten herausstechen sollen; was sie aber nur bedingt tun, wenn jeder fünf kleinteilige, vergessenswerte Skills und in großen Teilen dieselben Angriffe hat, die man pro Mech einigermaßen beliebig upgraden kann. Ironischerweise IST das Spiel aber auch gar nicht so frei, wie es erst scheint, denn manche Charaktere sind einfach objektiv besser mit bestimmten Angriffen. So ist das Upgrade also keine echte taktische Entscheidung, sondern allem voran ein Ankreuztest zum Verständnis des Kampfsystems. Und etwas Ähnliches gilt für die Kämpfe: Wenn ich weiß, dass es 40 davon gibt, denke ich nicht im Traum daran, mich allzu tiefgründig mit einem einzelnen zu beschäftigen, geschweige denn ihn ein zweites Mal zu machen oder zu grinden. Es fühlt sich halte irgendwie nach "Wegwerf" an, nach Spielzeitstreckung. Und an der Stelle war ich dann auch froh, dass es den Casual-Schwierigkeitsgrad gab, denn im letzten Drittel hätte ich nach so vielen Wegwerfkämpfen auf höheren Schwierigkeitsgraden definitiv keine Geduld mehr gehabt, ein paar davon auch noch mehr mehrmals machen zu müssen.
Dieser letzte Punkt klingt jetzt wahrscheinlich negativer als er ist, denn zum Einen macht die Auswahl über den Zeitpunkt und die Schwierigkeit der Kämpfe eine Menge wett, zum Anderen dürfte subjektiv sehr viel an der Frage hängen, wie viel Spaß man am System hat. Und letztlich sind die Kämpfe für mich persönlich auch deshalb ein eher schwacher Teil des Spiels, weil alles andere daran so verdammt gut ist!

Zur Story
13 Sentinels gehört zu den Stories, über die sich nur schwer reden lässt, ohne alles zu spoilern. Ich denke, der Pitch oben ist ein ganz guter Start, aber man lasse mich noch ergänzen: Es passiert hier SO viel mehr, und über die verschiedenen Zeitebenen hinweg und durch diverseste Tropen hindurch entsteht hier allem voran Science Fiction. Und zwar wirklich epische, verdammt GUTE Science Fiction! Um auch hier wieder ein Extrem zu bemühen: Vielleicht eine der besten (epischen) Sci-Fi-Stories, die ich kenne!
Darüber hinaus ist es aber nicht das, sondern auch noch eine gute Story aus 13 größtenteils guten Einzelstories?? Teilweise checkt man erstmal gar nicht, wie selbstbewusst sich diese Geschichten in unterschiedlichen Tonfällen und Genres bewegen, ohne dass es jemals unpassend oder inkonsistent wäre. Und genau wie bei den Kämpfen ist es alles sehr VIEL, aber im Gegensatz zu den Kämpfen wird das Spiel seinen Ambitionen in diesem Bereich 100% gerecht. Ich meine, was da alles DRIN ist?! Und wie gut sich die Stories überschneiden und am Ende trotz allem zusammenkommen, ist wirklich ein Genuss.
Ein genereller Punkt: Es ist nicht nur Science Fiction. Und manchmal kommt die Romantik recht plötzlich! Bei einigen Charakteren (Fuyusaka) verbuche ich es als Charakterding, aber generell wäre das hier und da feinfühliger gegangen. Missen möchte ich es trotzdem nicht! 13 Sentinels ist eben AUCH eine Teenager-Romanze, und definitiv nicht die schlechteste. Bei den 13 Hauptfiguren gibt es auch schon mal medial eher unkonventionelle Konstellationen, wie bspw. das sehr unterhaltsame homosexuelle Paar, oder dass deutlich gemacht wird, wie Charaktere nicht unbedingt durch Schicksal und Blut verbunden sind, sondern theoretisch in mehreren (SCHOCK!) funktionierenden (SCHOCKSCHWERENOT?!) Beziehungen existieren könnten, natürlich alles durch die Linse von Sci-Fi-Kladderadatsch.
Etwas allgemeiner: Die Menschlichkeit, die ganzen Emotionen sind generell GUT gemacht, das Spiel geht durchaus immer darauf ein, aber weil es so viele davon gibt, gehen manche im Sturm des Hauptplots unter. Ich hätte gern etwas mehr Konflikt, etwas mehr Auflösung, etwas mehr Zeit für Konsequenzen und "Ausharren" gehabt, etwa wenn jemand realisiert, dass er sinnlos getötet hat, oder wenn jemand sein ganzes Leben lang betrogen wurde. Aber der Plot muss halt weitergehen, und das ist es vielleicht wert ...?
Und abschließend: Lasst uns über Twists reden. 13 Sentinels hat ein paar wirklich gute Twists! Allem voran "Was du die ganze Zeit für X gehalten hast, war stattdessen Y!" hat mich ernsthaft erwischt. Von anderen bin ich nicht ganz so überzeugt, wie etwa dem letzten großen "All das war stattdessen Z!", aber okay. Geht klar. Und einige habe ich vermisst, allem voran im Epilog, der für mich dann doch zu berechenbar war. Das Finale hat einwandfrei reingehauen, und ich habe absolut nichts gegen ein einseitiges, simples Ende, aber gerade in der Menschlichkeit, in den Beziehungen und Entwicklungen der Figuren hätte ich mir die eine oder andere kleine (!) Überraschung gewünscht.
Aber das ist alles Kritik auf hohem Niveau, denn letztlich war ich von Anfang bis Ende VOLL dabei.
Zu den Charakteren
Hier könnte man das Review beenden, allerdings ... habe ich mir japanische Namen gemerkt?! WHAT IS THIS SORCERY?
Die englischen Texte sind ganz hervorragend, die japanischen VAs gewohnt goldig. Allem voran treffen die Charaktere selbst aber auch so ein perfektes Mittelding aus "für sich genommen interessant" und "eine Person, die den Cast aus 13 besser macht"!
Daher gönne ich mir eine Liste!
- Juro Kurabe: Meiner Meinung nach keinesfalls "der Hauptcharakter" des Spiels, wie man erst meinen könnte. Zwar ist er insgesamt ein wenig Hauptcharakter-blass, ein wenig ... getrieben von den Ereignissen, aber dadurch auch eine durchaus spannende Mystery Box. Und die Charaktermomente, in denen er einfach nur als Nerd dastehen darf, machen durchaus Spaß!
- Iori Fuyusaka: Ein starker Charakter, in all ihrer Normalität! Das Zitat oben gehört ihr, und natürlich stolpert sie zu Beginn des Spiels mit einem Toast im Mund zur Schule. Würde es hier nur um sie gehen, wäre es langweilig, aber als ein Charakter von 13? Stark! (Oh, und was war das da für ein spannender Mini-Moment mit Yuki im Endkampf ...? DAS auf ernsthaft hätte ihr noch ein bisschen mehr Biss gegeben!
) - Keitaro Miura: Fish out of (pacific war) water. Die 1945er-Charaktere sind natürlich in vielerlei Hinsicht interessant, und tatsächlich ist das Spiel einen Tacken konservativer, uninteressierter an der "Kontroverse" dieser realen Geschichte, als ich erst gedacht hätte. Miura mag ich trotzdem, weil er halt nicht nur ein indoktrinierter Junge seiner Zeit, sondern dabei auch noch so wunderbar gutmenschlich-naiv ist. Aber meine Güte, wäre dieses Spiel interessanter geworden, wenn sie einen (Halb-)Amerikaner in den Cast gepackt hätten? xD Oh, oder wenn wir ein paar echte Reaktionen auf die homosexuelle Beziehung bekommen hätten ...?
- Takatoshi Hijiyama: Liebevoller Hobo-Militär aus der Nazizeit, angewiesen auf Sympathie und Mülleimertauchen. Was will man mehr? Identitäre Verwirrung! Herrlich. Perfekt. Chef's Kiss!
- Megumi Yakushiji: I love my Yakisoba Pan Angel. Ihre Story grenzt am ehesten an "albern", aber zum Einen passt es irgendwo zu ihrem Scheuklappen-Charakter und zum Anderen merkt man auch ungesagt, dass sie sich von Anfang an selbst belügt. Gut geschrieben!
- Natsuno Minami: Nett. Süße Story! Nicht viel mehr, aber man muss es bei 13 Leuten ja auch nicht übertreiben. Also warum nicht einfach mal ET?
- Ei Sekigahara: Für mich einer der schwächeren, weil seine Vergangenheit, sein Mysterium zu wenig eigenständigen Pull hat. Sein Charakter ist halt auch komplett entwurzelt, das macht ihn sehr zu einem "Plotelement" und Beobachter als zu einem vollwertigen Charakter.
- Nenji Ogata: Der Schläger mit Herz. <3 Ich mag, wie er diesen Archetyp hervorragend ausfüllt, ich mag seine Rolle für andere und ich liebe ihn zusammen mit Tomi und den anderen Schlägern!
- Tomi Kisaragi: Vielleicht der vielschichtigste Charakter? Spannend, überraschend, cool, macht Spaß ... und ist VIELLEICHT ein bisschen zu viel für diese Geschichte? Aber ich beschwer mich nicht; ich hätte mich wahrscheinlich auch verliebt.
- Renya Gouto: Erklärt den Plot und ist selbst dann noch schwer durchschaubar. Wirkt ... unmenschlich? Außerdem, und jetzt bitte im Kanon: GIB. MIWAKO. EINE. CHANCE. DU. MONSTER!
- Ryoko Shinonome: Braucht dringend eine Umarmung, oder zwei. Poor baby girl! ._.' Ich bin mir außerdem nicht ganz sicher, ob sie diese Waffe haben sollte. Aber vielleicht schon, denn sie scheint zu wissen, was sie damit anstellt!
- Shu Amiguchi: Sympath! Bei der ulkigen Idol-Story wäre aber mehr drin gewesen, und auch hier ... Ich hätte gerne noch ein bisschen mehr Womanizer-Konflikt gehabt, nicht nur Witze.
- Yuki Takamiya: Hui! *lockert schwitzend den Kragen* Natürlich irgendwo ein Klischee, aber sowieso schon nicht das allgegenwärtigste, und dann auch noch scheinbar fehl am Platz in einer unglaublich unterhaltsamen Sherlock-Holmes-Rolle, mit zehnmal mehr Stil als der Brite jemals hingekriegt hätte. Und das, im Gegensatz zu ihm, auf Entzug!!

Einen Screenshot musste ich selbst hochladen!
Wunderschön!
Und okay, es ist Vanillaware, also schnell noch was zur Optik!
Manchmal wirkt die fast schon verschwenderisch für die sehr bodenständigen Designs, aber ich beschwere mich nicht? Gerade die Mechas sind sicherlich passend, aber auch irgendwo langweilig. Zur Gesamtatmosphäre trägt die Optik auf jeden Fall bei, und gerade das Farbschema ist astrein, wie gewohnt. Positiv stechen diesmal aber auch die liebevollen Animationen heraus! Ich liebe Tomis edlen Stride, Yukis herrisches Auftreten, Shus ständiges Zwinkern und so ziemlich jede einzelne Sentinel-Beschwörungssequenz.
Abschließende Gedanken
Ich weiß nicht, ob 13 Sentinels: Aegis Rim tatsächlich ein Thema hat. Eine gewisse Nostalgie ist auf jeden Fall präsent (Sonnenuntergänge!), aber im Großen und Ganzen geht es vielleicht mehr um den Glauben an die Menschheit. Und vielleicht ist das auch gar nicht so zentral, eben WEIL die Story so umfassend, so episch ist! Und obwohl das Kampfsystem nur "nett" ist, wird sich das Gesamterlebnis auf jeden Fall tief in meinen Kopf fressen ... auch wenn ich die ganzen Details sicherlich schnell vergessen werde. EMPFEHLUNG! ^^
Und yeah, endlich mal wieder ein Achievement!
[Vanillaware-ish]
13 Sentinels: Aegis Rim ODER Ender Lilies
Ein klassisches Rollenspiel, reduziert auf den Zauber des alten Genres: Wortgewaltige Sprache. Fordernde Kämpfe. Drei, die einen Drachen töten – und was sie dazu führen mag ...
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